Geschichte einer Lehrerin Thema Deutschförderung

Es gab eine Zeit in der Schule, da….

…da durften wir Lehrer*innen unverbindliche Übungen und kreative Ateliers anbieten: v.a. Kinder, die sich beim Schreiben, Lesen, Rechnen u.dgl. schwer taten, konnten ihre Stärken beim Theaterspielen, Singen, Musizieren, Tanzen, bildnerischen Gestalten, Experimentieren u.a.m. einbringen und gemeinsam mit anderen weiter entwickeln – kreatives und soziales Lernen inklusive!

Welche Freude war es auch für uns Lehrer*innen, zu erleben, wie den Kindern dabei die Flügel wuchsen!

Es gab eine Zeit in der Schule, da…

…da war genug Geld vorhanden für 11 Begleitlehrer*innen-Stunden pro Woche für eine (!) Jahrgangsklasse mit 50% Kindern, deren Familiensprache nicht Deutsch war. Ich war vor 20 – 25 Jahren Begleitlehrerin mit 11 Wochenstunden und konnte die Kinder beim Aufbau der Bildungssprache unterstützen. Denn: um die Bildungssprache erwerben und damit die Bildungsstandards erreichen zu können, braucht ein Kind (Mensch) 5 – 8 Jahre!!! (Quelle: Fortbildung zum Thema „Sprachsensibler Unterricht“, 2021, PH Wien) Bevor die unseligen Mika-D-Tests und Deutschförderklassen eingeführt wurden, konnten wir Sprachförderlehrer*innen die Kinder mit einem außerordentlichen Status 2 -3 Wochen beobachten, mit ihnen sprechen und in Absprache mit den Klassenlehrer*innen festlegen, welche Kinder besondere Sprachförderung brauchen, für die es mitunter bis zu 11 Wochenstunden gab.

Jetzt entscheidet das ein Test, der hauptsächlich überprüft, ob ein Kind die korrekte Verbstellung in verschiedenen Satzkonstruktionen anwenden kann.

Doch auch deutschsprachige Kinder aus schwierigen sozio-ökonomischen Verhältnissen müssen sich die Bildungssprache im Laufe ihrer Schulzeit erst aneignen. Komplexe Aufgabenstellungen und Texte in Lehrbüchern aller Fächer und in diversen Tests (z.B. IKM) können diese Kinder oft nicht sinnerfassend lesen und die Aufgaben daher nicht entsprechend lösen, weil ihnen der entsprechende Wortschatz fehlt bzw. manche sprachlichen Strukturen nicht geläufig sind.

Alle Kinder mit Förderbedarf haben ein Recht auf mehr Unterstützung, integrativ oder/und in Kleingruppen im Förderunterricht oder im Deutschkurs (5 – 8 Kinder, nicht 15 – 20!) Sie brauchen v.a. mehr Gelegenheiten zum Sprachhandeln – diese können sie nicht in einer vollen Klasse mit 25 Kindern und einer Lehrerin bekommen, das ist doch einleuchtend, meine ich jedenfalls…….Abgesehen davon ist es eine pure Überforderung für eine Klassenlehrerin, diesen Ansprüchen gerecht zu werden, es ist schlichtweg unmöglich!

Es gab eine Zeit, da…

…da hatten wir mehr Freude am Lehrberuf….