Mit Bestürzung haben wir am 17.6.2021 von unserer Direktorin Karin Meller an der OVS Zennerstraße erfahren, dass es keine Teamstunden mehr in unseren seit 25 Jahren gewachsenen Mehrstufenklassen mit Integration an unserem Standort mehr geben soll.
Da muss es sich wahrlich um einen Irrtum oder ein Unwissen über den Sachbestand handeln.
Die Begründung dazu lautete, dass wir ja auch Integrationsklassen seien und also bereits zwei Pädagoginnen in der Klasse arbeiteten.
Dazu möchten wir festhalten, dass die Sonderpädagogin in der Klasse ihren eigenen Aufgabenbereich hat. Zum Beispiel ist sie zuständig, ein Kind mit Autismus- Spektrum- Störung der ersten Schulstufe, ein Kind der Vorschulstufe mit Trisomie 21, ein Kind der 3. Schulstufe ASO Lehrplan und eines der 4. Schulstufe pädagogisch wertvoll zu begleiten.
Wir alle wissen, dass dieses unsere Pädagoginnen an das Limit ihrer Kräfte führt, da das Kind mit Trisomie 21 eigentlich eine 1:1 Begleitung braucht (Begleitung beim aufs WC gehen, läuft weg, etc). In allen drei Klassen ist die Situation ähnlich wie die Beschriebene.
Nun sollte also auf die Teamlehrerin verzichtet werden (10 Stunden, bis dato 11, urspünglich 18 Stunden und dann 14), die Volksschulpädagogin alleine 4 Schulstufen bespielen mit Hilfe der Sonderpädagogin, die aber auch schon alle Hände voll zu tun hat.
Ein Ding der Unmöglichkeit.
Unsere drei Mehrstufenklassen mit Integration bilden einen wesentlichen und sehr wertvollen Bestandteil in der reformpädagogischen Landschaft des öffentlichen Bildungssystems im Volksschulbereich. Unsere Schule ist unter anderem auch deshalb ein Magnet, weil die Eltern um den Wert dieser Einrichtungen an unserer Schule wissen.
Unser Ziel ist immer, die Kinder dort abzuholen, wo sie stehen, und sie individuell bestmöglich zu fördern. Wir arbeiten nach den Prinzipien der Freinetpädagogik (einige der Lehrerinnen sind in der Fortbildung tätig) und der Montessoripädagogik.
Wir besuchen und organisieren regelmäßig Fortbildungen im reformpädagogischen Bereich.
Wir Mehrstufenklassen sind ein ganzes Netzwerk, das kooperiert. Wir organisierten Veranstaltungen zur 10 Jahresfeier und 20 Jahresfeier.
Kinder lernen bei uns Teamfähigkeit und Kooperationsbereitschaft, sich selbst zu spüren, über ihre Gefühle zu sprechen, ihre Handlungen zu reflektieren und zu begründen, Konflikte zu klären, andere, jüngere Kinder zu unterstützen, frei Geschichten zu schreiben, zu malen, sich in Bewegung, Sprache und Bild auszudrücken nebst den üblichen schulischen Fertigkeiten , die es an der Volksschule zu erlernen gilt. Uns ist es wichtig, dass die Kinder gerne in die Schule gehen und mit Freude und Neugier lernen.
Integrationskinder können leichter integriert werden, da die Volksschulkinder verschiedene Altersgruppen haben und so leichter auf die Integrationskinder eingehen und sie verstehen können.
Auch Volksschulkinder, die tendenziell umgestuft werden müssten innerhalb ihrer Volksschullaufbahn auf den ASO Lehrplan, sind bei uns gut aufgehoben, da die Sonderpädagogin bereits in der Klasse ist und das Kind nicht Klasse oder Schule wechseln müsste. Das kommt bei uns sehr häufig vor.
Außerdem kommen alle Jahre wieder Kinder aus anderen Schulen oder Klassen zu uns, in verschiedensten Schulstufen, wo es in der einstufigen Klasse aus sozialen und /oder Begabungsgründen nicht geklappt hat. Klassenwiederholung ist ohne Wechseln des Klassenverbandes möglich, ein sehr großer Vorteil für die Kinder.
Durch die große Vielfalt der Kinder in unseren Klassen (von SEF. Lehrplan bis Hochbegabung) können wir in den Mehrstufenklassen mit Integration mit ausreichend Ressourcen an Pädagoginnen Kinder leichter integrieren, auffangen und begleiten und bilden somit auch eine wichtige Säule im Bildungssystem der Volksschulen.
Wir glauben, dass es auch wirtschaftlich sehr ineffizient wäre, jetzt diese Teamstunden zu streichen, denn wie sehen denn dann die Laufbahnen dieser Kinder aus, die wir jetzt auffangen und begleiten?
In Bildung sollte investiert werden, und nicht gespart! Die Kinder sind die Erwachsenen unserer Gesellschaft der Zukunft und nur durch gute Bildung, ausreichend Ressourcen werden die Kinder auch glückliche Erwachsene werden, die gerne arbeiten und etwas aufbauen und leisten!
Ohne die Teamlehrerinnen müssen wir die Mehrstufenklassen schließen, da wir nicht mehr nach unserer erfolgreichen reformpädagogischen Methoden arbeiten können.
Kerstin Bartel , Teamlehrerin in der Klasse FB der VS Zennerstraße, Montessori- und Freinetpädagogin